Yom Kippur

Nur zwei Straßen von unserer Wohnung entfernt, haben die Baptisten ihre Kirche und Gottesdienst am Sonntag.

Da heute Abend Yom Kippur (Versöhnungstag), der höchste Feiertag der Juden beginnt, war die Kirche nur halbvoll. Einige haben das lange Wochenende genutzt, um wegzufahren, andere sind nicht gekommen, weil sie Sorge hatten, nicht mehr zurück zu kommen. Auch hier nahm der Pastor in der Predigt Bezug auf den Feiertag und hatte interessanterweise die gleichen Bibeltexte wie der von gestern. Hinterher gab es noch Essen und Zeit zum Begegnen.

Bevor wir nach Hause gingen, haben wir noch das Notwendigste eingekauft. Das war auch gut so, denn hinter uns wurde der Laden geschlossen. Die meisten machten schon um eins zu. Das ist am Shabbat nicht so früh. Am Nachmittag sind wir Richtung Klagemauer aufgebrochen. So leer haben wir den Platz noch nie gesehen.

Wir wollten später noch mal wieder kommen und haben uns einfach durch die Straßen treiben lassen.

Die Sonne stand schon tief und hat die Mauern in ein besonderes Licht getaucht. Dann kamen uns immer mehr Gläubige entgegen. Einige trugen Matratzen bei sich. Sie bleiben dann die ganze Nacht und bis zum nächsten Abend in der Synagoge und beten und fasten. Am Yom Kippur ist es nicht erlaubt Lederschuhe zu tragen. Auch hier haben wir alles Mögliche gesehen: Flip Flops, Crogs und einfach auf Socken.

Als wir etwa zwei Stunden später an die Klagemauer kamen, sah es dort ganz anders aus. Festlich gekleidete Menschen, viele in weiß, haben den Platz gefüllt.

Wie mag es Gott wohl gehen, wenn sich so viele Menschen versammeln und um Vergebung ihrer Sünden und die des ganzen Volkes bitten? Wir waren sehr berührt. Die ganze Stadt ist zum Stillstand gekommen. Selbst die Läden im Basar hatten geschlossen. Ein paar Touristen und einige Gläubige liefen noch durch die Gassen.

Sonst war alles still. Es fuhren auch keine Autos mehr. Da wo es sich tagsüber immer staute, fuhren jetzt Kinder und Jugendliche mit ihren Fahrrädern.